... alles über Rauleder ?


Die Lederherstellung
Welche Arten von "Rauleder" unterscheiden wir?

Um zu verstehen, was „Rauleder“ eigentlich ist, muss man sich mit der Lederherstellung auseinandersetzen.

Die Lederherstellung
Von der Tierhaut...
Leder wir bekanntlicherweise aus Tierhäuten gewonnen. Doch nicht die gesamte Haut wird für die Lederherstellung verwendet.

Die Haut setzt sich aus drei Schichten zusammen:

1. Oberhaut: Besteht aus Hornhaut und Schleimhäuten und dient dem Lebewesen als Schutz. Bei der Lederherstellung wird diese mitsamt den Haaren entfernt.

2. Lederhaut: Dient der eigentlichen Lederherstellung. Die oberste Schicht nennt sich Papillarschicht und gibt der Oberseite des Leders die Narben. Die untere Schicht heißt Reticularschicht und gibt dem Leder die Elastizität und Reißfestigkeit.

3. Unterhaut: Diese verbindet die Lederhaut mit dem Muskelfleisch und dient zur Fettablagerung. Die Unterhaut ist für das Leder wertlos und wird vor dem Gerbprozess entfernt.

... zum Leder:

Um von der Tierhaut zu dem Leder zu kommen, das wir alle kennen, müssen eine Reihe von Prozessen durchlaufen werden:

1. Die Weiche: Zuerst kommt die tierische Haut (konserviert oder schlachtfrisch) in das Weichwasser, in dem Blut, Schmutz und Konservierungsstoffe aus der Haut entfernt und der ursprüngliche Wassergehalt wieder hergestellt werden.

2. Enthaaren und Entfleischen: Anschließend werden .- nach einer chemischen Vorbehandlung, die die Oberhaut haarlässig macht, das Lederhautfasergefüge aufschließt und die Fettsubstanzen reduziert - mechanisch die Haare abgerieben. Danach wird die enthaarte Lederhaut von der unbrauchbaren Unterhaut durch das sogenannte Entfleischen getrennt.

3. Spalten: Die nun verbliebende Lederhaut wird mechanisch in 2-3 Schichten zerlegt, wobei die oberste Schicht als Narbenleder und die unterste Schicht als Spaltleder bezeichnet wird. Das Narbenleder wird zu Nappa, Boxcalf oder auch Nubukleder, das Spaltleder zu Rauleder weiter verarbeitet. Das Spalten der Lederhaut vermindert die Festigkeit, ist aber für verschiedene Leder, die eine gleichmäßige Stärke aufweisen müssen (wie z.B. Schuhoberleder oder Täschnerleder), nicht zu umgehen.

4. Entkälken, Beizen, Streichen oder Glätten: Um das Gerben zu ermöglichen werden beim Entkälken auf chemischem Wege organische Reste aus der Lederhaut entfernt und beim gleichzeitigen Beizen das Fasergewebe der Lederhaut aufgeschlossen und zeitgleich konserviert. Abschließend werden durch das Streichen oder Glätten Reste der Oberhaut wie Talg- und Schweißdrüsen bzw. Haarwurzeln und Fettstoffe mechanisch entfernt.

Das nun entstandene Produkt nennt sich Blöße, ist weißlich in der Farbe und besteht nur mehr aus Lederhaut.

5. Gerben:

Womit wird gegerbt?

Die Umwandlung der Blöße in Leder wird erreicht durch pflanzliche, synthetische, mineralische oder Fettgerbemittel. Darüber hinaus ist eine Kombination der verschiedensten Gerbmittel untereinander möglich.

Was passiert beim Gerben?

Die Hautfasern nehmen aus den Gerbmittellösungen die wirksamen Gerbstoffe auf. Diese gehen mit den Hauteiweißen eine chemische Verbindung ein. Die vorhandenen Eiweißfasern ziehen sich zusammen, verfestigen und vernetzen sich. Durch diesen chemischen Prozess verwandeln sich die Eiweißfasern der Blöße in sogenannte Lederfasern. Die Verbindung ist so fest, dass eine spätere Trennung nicht mehr möglich ist. Der Gerbstoff verleiht der Blöße Wasser- und Fäulnisbeständigkeit, Elastizität und Geschmeidigkeit.

Welche Gerbmittel werden wofür verwendet?

i. Pflanzliche oder vegetabile Gerbmittel (Rinden, Wurzeln, Früchte,...): Schuhunterleder, Sattlerleder und Täschnerleder

ii. Synthetische Gerbstoffe: Mode- oder Luxusleder iii. Mineralische Gerbmittel (z.B. Chrom): Möbelleder, Schuhoberleder, Bekleidungs- und Handschuhleder iv. Fettgerbung oder Sämischgerbung: Wild-, Fenster- und Autowaschleder, Trachtenhosenleder Die einzelnen Gerbmittel verleihen dem Leder verschiedene Eigenschaften und unterschiedliches Aussehen.

6. Zurichtung: Nach der Gerbung wird das Leder je nach Verwendungszweck noch weiterbearbeitet. Mögliche Weiterbearbeitungsschritte sind Entwässern, Auswaschen der überschüssigen Gerbstoffe, Trocknen, Falzen, Bürsten, Walzen, Hämmern, Schleifen, Fetten, Färben,... Das Schleifen kommt bei der Herstellung aller „Rauleder“ zum Einsatz und verleiht diesen das rau-samtige Aussehen.

(aus: Hans Hegenauer, „Fachkunde für Lederverarbeitende Berufe“, 2001)

Welche Arten von Rauleder unterscheiden wir?

Rauleder wird fälschlicherweise als Überbegriff der unterschiedlichsten Lederarten verwendet. Genaugenommen unterscheidet man Nubukleder, Velourleder, Velvetleder, Wildleder und Rauleder. Diese Lederarten haben wenig gemeinsam. Sie stammen von verschiedenen Tieren und werden unterschiedlich verarbeitet.

Nubukleder: Für Nubukleder werden narbenreine Kalbfelle und Rindshäute, z.T. auch Schweinshäute verwendet, deren Narbenseite durch leichtes Anschleifen einen samtartigen Charakter erhalten. Meist kombiniert chrom-synthetisch oder vegetabil-chrom gegerbt, kommen sie gefärbt in den Handel. Verwendung für Sommerschuhe aller Art, elegante Lederwaren, Ledermöbel und Bekleidung.

Velourleder: Für Velourleder werden entweder narbenbeschädigte Felle und Häute verwendet, die dann auf der Fleischseite angeschliffen werden, oder es kommen gleich Spaltleder zum Einsatz. Velourleder sind meist chrom- oder kombiniert gegerbt, werden durchgefärbt und sind grobfaseriger als Nubuk, die Formbeständigkeit ist geringer. Bei kurzem Schliff spricht man von Samtvelourleder, bei längerem Schliff von Schreibvelourleder.

Velvetleder: Das Velvetleder wird aus Spaltleder vom Kalb oder Rind hergestellt, chromgegerbt und auf der Fleischseite zugeschliffen.

Wildleder: Als Rohmaterial von echtem Wildleder dienen Gämsen-, Reh-, Hirsch-, ostindische Ziegen-, Antilopen-, Gazellen- und Rentierfelle. Diese werden sämisch oder kombiniert gegerbt und auf der Narbenseite velourartig zugerichtet.

Rauleder: Das Rauleder ist eine Imitationen von Wildleder. Es wird aus Spaltleder von Kalb oder Rind hergestellt, chromgegerbt und geschliffen. Rauleder wird vorwiegend als Schuhoberleder und als Bekleidungsleder für Lederjacken verwendet.

(aus: Hans Hegenauer, „Fachkunde für Lederverarbeitende Berufe“, 2001)